20.05
2015

Über die Fortbildung zum Lerncoach (Teil 1)

Über die Fortbildung zum Lerncoach: Chancen, Stolpersteine und Aha-Effekte. Mit Insider-Anekdoten zu „Wenn Lehrer lernen“.

Teil 1: Jeder erhofft sich etwas anderes – unterschiedliche Gründe und verschiedene Teilnehmer an der Fortbildung zum Lerncoach

Seit 2010 habe ich über 500 Lerncoaches ausgebildet und zertifiziert – jeweils in kleinen Gruppen mit acht bis 14 Seminarteilnehmern. Es ist Zeit für ein Resümee. In dieser Blog-Reihe berichte ich von meinen Erfahrungen und Erlebnissen. Vielleicht erkennen Sie sich wieder und meine Eindrücke erleichtern Ihnen die Entscheidungsfindung zur Teilnahme an einer meiner Fortbildungen.

Die Teilnehmer: Wen bilde ich zu Lerncoaches aus und welche Beweggründe haben sie? Lehrer, Dozenten, Sozialpädagogen, Psychologen und Berater aus Deutschland, Luxemburg oder der Schweiz nehmen an meinen Fortbildungen teil. Die Mischung der Teilnehmer ist genauso bunt wie die vielfältigen Gründe für die Teilnahme:

  •  Einzelne besuchen die Fortbildung, weil sie etwas für sich selbst tun wollen. Sie nutzen die Fortbildung zum Lerncoach für ihren persönlichen Kompetenzzuwachs. In meiner Wahrnehmung sind das überaus entspannte Seminarteilnehmer, die der Stimmung im Seminar guttun, weil sie Ruhe ausstrahlen. Meist sieht es bei dieser Gruppe am Ende des Seminars dann ganz anders aus: Sie sind euphorisch, weil sie sich diesen Nutzen der Lerncoach-Arbeit im Vorfeld gar nicht erhofft hatten.
  • Einige möchten sich als Lerncoach (nebenberuflich) selbstständig machen und sich unabhängig vom System Schule entfalten oder verwirklichen. Diese Seminarteilnehmer bringen sich von Beginn an sehr aktiv ein und arbeiten hochkonzentriert mit, weil sie genau wissen, wohin sie wollen. Sie haben ein Ziel vor Augen und sind dadurch quasi die „Zugpferde“ der Gruppe.
  • Manche sind bereits als Lerntherapeuten, ECHA-Coaches (sie sind im Bereich der Hochbegabung spezialisiert) oder Nachhilfelehrer selbstständig und wollen sich inhaltlich weiterentwickeln oder spezialisieren. Ich empfinde diese Gruppe als sehr wertvoll, weil sie besonders auf die Schnittmengen und Unterschiede zwischen Lerncoaching und anderen angrenzenden Hilfsangeboten wie Nachhilfe oder Lerntherapie achten.
  • Viele möchten ihr Know-how erweitern und Sicherheit gewinnen, um im Schulalltag Lernende individuell zu fordern und zu fördern. Diese Seminarteilnehmer haben Lust darauf, sich in ihrer beruflichen Rolle zu professionalisieren. Sie probieren sich aus und sind experimentierfreudig. Beispielsweise sagte eine entsprechende Seminarteilnehmerin über meine Fortbildung zum Lerncoach: „Das ist mit Abstand das beste Seminar, das ich je gemacht habe! Du hast mir damit eine Menge Freude im Job zurückgegeben!“ Dies ist für mich eine Bereicherung, weil diese Gruppe selbstkritisch ist und starre Strukturen sowie eingeschliffene Rituale kritisch beäugt.
  • Mehrere Seminarteilnehmer fallen in keine der zuvor genannten Kategorien – und das ist auch gut so. Sie sind sozusagen Unikate, die sehr individuelle Gründe für ihre Teilnahme an der Fortbildung zum Lerncoach haben. Diese Gruppe bringt durch ihre Vielschichtigkeit frischen Wind in jede Fortbildungsgruppe.

Wie lernen die Seminarteilnehmer in der Fortbildung zum Lerncoach? Vielleicht fällt Ihnen beim Lesen etwas auf? Nein? Es ist in Seminaren wie in der Schule: heterogene Lerngruppen, wobei hier alle das gleiche Ziel verfolgen: das Lerncoach-Zertifikat.

Die Seminarteilnehmer unterscheiden sich z. B. in ihrer Lern- und Arbeitsweise, ihrem aktuellen psychophysischen Zustand (Wie bin ich heute hier? Wie geht es mir?) oder in ihrer Erwartungshaltung (Was will ich hier?) – genau wie Schüler.

Hier vollzieht sich jedoch schon der erste Rollentausch: Die Lehrer werden wieder zu Schülern und wechseln – zumindest für die zehn Modultage der Fortbildung – die Seite: Sie streifen ihre professionelle Rolle als Belehrende ab und werden (wieder) zu Lernenden – mit allem, was dazugehört: Zuspätkommen, Tuscheln, mit dem Handy spielen, Arbeitsmaterial vergessen, nach einer Mittagspausenverkürzung (und dafür früher Schluss machen) fragen, Stöhnen über Sonnenschein draußen oder Kälte drinnen …

Das Schöne ist: Genau das bereitet mir so viel Spaß; mit Lernenden zu lernen, egal, ob hierbei Lehrer oder Schüler lernen. Als ich meine Tätigkeit als Lehrerin im Schulsystem aufgab, um Trainerin für Lerncoaches zu werden, war mein Herz zunächst schwer. Ich war Lehrerin mit Leib und Seele und arbeitete so gern mit Schülern. Damals wusste ich noch nicht, dass mir dieser Teil erhalten bleiben würde. Nun arbeite ich u. a. mit Lehrern, die bei mir Schüler sind, Lehrerschülern. Und das tue ich mit genauso viel Herzblut, wie das positive Feedback der Fortbildungsteilnehmerin Katrin mir gegenüber zeigt: „Ich merke, dass dein Herz für das Thema schlägt. Das ist auf mich ‚übergesprungen‘. Danke dafür.“